Sexualität & Partnerschaft

30. november 2025

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Sexualität verändert sich im Laufe des Lebens. Die Wechseljahre sind dabei ein besonders sensibler Abschnitt. Hormone, Körpergefühl, Schlaf, Stress, langjährige Beziehungsmuster oder eine neue Partnerschaft: All das spielt hinein, wenn es um Lust, Nähe und Orgasmus geht. Viele Frauen erleben sexuelle Probleme in und nach den Wechseljahren. Oft gibt es aber gute Antworten.

Warum Sexualität in den Wechseljahren so ein Thema ist

Untersuchungen zeigen, dass rund 40–50 % aller Frauen im Laufe ihres Lebens von mindestens einem sexuellen Symptom wie deutlich verminderter Lust, schlechterer Lubrikation oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr berichten. In den Wechseljahren und danach nehmen solche Beschwerden zu, besonders weniger sexuelle Lust, vaginale Trockenheit, Schmerzen beim Sex (Dyspareunie) sowie Schwierigkeiten, in Erregung zu kommen oder einen Orgasmus zu erreichen.

 

Gleichzeitig verändern sich häufig die Lebensumstände: erwachsene oder pubertierende Kinder, mehr Verantwortung für Eltern oder Schwiegereltern, beruflicher Druck und langjährige Partnerschaften mit eingespielten Mustern, oder auch das Single-Sein nach Trennung oder Scheidung. Sexualität hängt in dieser Phase noch stärker von der Gesamtsituation ab, körperlich und emotional.

Was im Körper passiert: Hormone, Schleimhäute & Co.

Östrogenabfall und Genitourinary Syndrome of Menopause (GSM)

Mit sinkendem Östrogenspiegel verändern sich Vaginal- und Vulvaschleimhaut sowie die Harnwege. Man spricht heute vom „Genitourinary Syndrome of Menopause“ (GSM). Typische Symptome sind Trockenheit, Brennen, Juckreiz, eine dünnere und empfindlichere Vaginalschleimhaut, Schmerzen beim Sex (Dyspareunie) sowie wiederkehrende Harnwegsinfekte und Harndrang. Anders als Hitzewallungen verschwindet GSM meist nicht von allein, sondern neigt dazu, mit den Jahren stärker zu werden.

Lust, Erregung und Orgasmus

Sexuelle Funktion wird meist in die Bereiche Lust, Erregung, Orgasmus und Schmerz unterteilt, die sich stark überlappen. Der Östrogenabfall, mögliche Veränderungen bei Androgenen, eine schlechtere Durchblutung im Genitalbereich und trockene, empfindliche Schleimhäute können dazu führen, dass Erregung länger dauert und weniger spontan entsteht.

Viele Frauen berichten, dass sie mehr Zeit, mehr Stimulation oder eine andere Form von Berührung benötigen, um erregt zu werden oder einen Orgasmus zu erreichen. Hinzu kommen andere Wechseljahresbeschwerden wie Schlafstörungen, Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen, die Sexualität indirekt beeinträchtigen können.

Psyche, Selbstbild und die innere Story über Sexualität

Sexualität ist nie nur körperlich. In den Wechseljahren spielen psychische und soziale Faktoren eine große Rolle. Körperbild und Selbstwert können unter Gewichtsschwankungen, Veränderungen von Haut, Haaren oder Brust leiden. Rollen verändern sich: Kinder werden selbstständiger, Eltern pflegebedürftiger, Partnerschaftsmuster verschieben sich. Gleichzeitig transportiert unsere Kultur oft die Botschaft, dass Attraktivität eng an Jugend und Fruchtbarkeit gebunden sei.

Hinzu kommt, dass depressive Symptome, Angststörungen oder chronischer Stress die Libido deutlich dämpfen und die Orgasmusfähigkeit beeinträchtigen können. Wichtig ist zu wissen: Lust muss nicht mehr so spontan entstehen wie mit 20. Viele Frauen erleben eher reaktive Lust, d.h. das Verlangen entsteht, wenn Nähe, Berührung und eine angenehme Situation bereits da sind. Das ist normal, aber oft irritierend, wenn man es nicht weiß und oft auch für den Partner eine wichtige Info.

Partnerschaft: Wenn Lustkurven auseinanderlaufen

In langjährigen Beziehungen treffen in den Wechseljahren häufig unterschiedliche Entwicklungen aufeinander: unterschiedliche sexuelle Bedürfnisse, eingefahrene Muster („immer gleich, immer zur gleichen Zeit“), wenig Zeit und Ruhe für Intimität sowie mögliche körperliche Probleme des Partners oder der Partnerin (zum Beispiel Erektionsstörungen). Das kann dazu führen, dass eine Person sich zurückzieht, etwa weil Sex weh tut oder „sich nicht mehr lohnt“, und die andere sich abgelehnt fühlt. Oft wird darüber immer weniger gesprochen.

Offene, wertschätzende Kommunikation ist hier zentral, auch wenn sie ungewohnt ist. Hilfreiche Fragen können sein: „Was bedeutet Sexualität für uns, außer Penetration?“, „Wann fühlen wir uns einander besonders nah?“ oder „Was würde sich gut und machbar anfühlen?“. Auch in neuen Partnerschaften ist das Thema sensibel, etwa durch Unsicherheiten über den eigenen Körper, Verhütung und STI-Schutz oder Angst vor Bewertung. Gleichzeitig berichten viele Frauen, dass Sexualität später im Leben erfüllter sein kann, weil weniger Leistungsdruck und mehr Selbstkenntnis vorhanden sind. Wenn du nie offen über deine Wünsche und Vorlieben gesprochen hast ist jetzt ein guter Zeitpunkt damit anzufangen.

Häufige Beschwerden im Überblick

Wenig oder keine Lust

Verminderte Libido ist in der Peri- und Postmenopause sehr häufig. Neben hormonellen Veränderungen spielen Erschöpfung, Stress, Medikamente (zum Beispiel bestimmte Antidepressiva oder Blutdrucksenker), chronische Schmerzen und Beziehungskonflikte eine Rolle. Wichtig ist, körperliche Ursachen abklären zu lassen, Medikamente kritisch zu prüfen und Stress- sowie Schlafmanagement ernst zu nehmen. Die Erwartung, Lust müsse „von allein“ auftauchen, darf korrigiert werden, sie kann auch wachsen, wenn Nähe und positive Erfahrungen bereits da sind.

Schmerzen beim Sex (Dyspareunie) und Trockenheit

Schmerzen beim Sex sind nicht normal und kein „Preis fürs Älterwerden“. Die häufigste Ursache in den Wechseljahren ist GSM mit vaginaler Trockenheit und Schleimhautveränderungen. Daneben kommen Infektionen, Vulvodynie (chronische Vulvaschmerzen), Narben nach Geburten oder Operationen sowie eine verspannte Beckenbodenmuskulatur infrage. Eine gründliche gynäkologische Untersuchung, möglichst in einer erfahrenen Praxis, ist hier entscheidend.

Orgasmusprobleme

Orgasmusprobleme können zunehmen, weil die Erregungsphase länger dauert, Schleimhäute empfindlicher sind und Medikamente oder Stimmung eine Rolle spielen. Häufig lässt sich mit veränderter Stimulation, mehr Zeit, weniger Fokus auf Penetration und gegebenenfalls sexueller Beratung sehr viel verbessern. Viele Frauen entdecken Sextoys für sich. Die kann man auch im Sex mit dem Partner ‚einbinden‘ damit beide zum Höhepunkt kommen.

„Keine Partnerschaft, und jetzt?“

Auch als Single kann Sexualität in den Wechseljahren ein wichtiges Thema bleiben. Viele Frauen fragen sich, ob und wie sie wieder daten möchten, ob ihr Körper „noch funktioniert“ oder ob Trockenheit und Schmerzen Sexualität überhaupt zulassen. Hier lohnt es sich, Beschwerden gezielt zu behandeln, Körperwissen aufzubauen und Schritt für Schritt herauszufinden, was sich jetzt gut anfühlt, mit oder ohne Partner/in.

Medizinische und körperliche Behandlungsmöglichkeiten (Kurzüberblick)

Gynäkologische Abklärung

Erster Schritt bei sexuellen Beschwerden in den Wechseljahren sollte fast immer eine ärztliche Abklärung sein. Dazu gehören eine ausführliche Anamnese zu Lust, Erregung, Orgasmus, Schmerzen und Medikamenten, die Untersuchung von Vulva, Vagina und Beckenboden sowie je nach Situation Laboruntersuchungen (zum Beispiel Schilddrüse, Eisen, Vitamin D).

Lokale Hormontherapie bei GSM

Bei moderaten bis schweren GSM-Symptomen empfehlen Fachgesellschaften in der Regel eine lokale Hormontherapie, die den Östrogenspiegel im Blut kaum beeinflusst. Dazu gehören vaginale Östrogene (zum Beispiel Estriol oder Estradiol als Creme, Zäpfchen, Tablette oder Ring), die Trockenheit, Elastizität und pH-Wert der Schleimhaut verbessern und Schmerzen beim Sex reduzieren können. Eine weitere Option ist intravaginales DHEA (Dehydroepiandrosteron), das sowohl den Östrogen- als auch den Androgenmangel behandelt, der GSM verursacht. Welche Option passt, hängt von der individuellen Situation, Vorgeschichte und Risikofaktoren ab.

Systemische Hormonersatztherapie (HRT/MHT)

Systemische Hormontherapie (zum Beispiel Östrogen plus Gestagen als Pflaster, Gel oder Tablette) wird vor allem eingesetzt, um Hitzewallungen, Nachtschweiß, Schlafstörungen und Stimmungseinbrüche zu lindern. Über diese Effekte kann sich auch die Sexualität verbessern, weil Schlaf, Temperaturregulation und allgemeines Wohlbefinden stabiler werden. Ob HRT infrage kommt, hängt von individuellen Risiken und Wünschen ab und sollte anhand aktueller Leitlinien mit der behandelnden Ärztin oder dem Arzt besprochen werden.

Nicht-hormonelle lokale Maßnahmen

Wenn keine Hormone verwendet werden sollen oder dürfen, stehen nicht-hormonelle Optionen zur Verfügung. Dazu gehören Gleitgele, zum Beispiel wasserbasierte Produkte (gut verträglich, leicht abwaschbar, aber oft kürzer wirksam) und silikonbasierte Produkte (sehr lang anhaltend und besonders bei starker Trockenheit angenehm, allerdings nicht mit Sextoys aus Silikon kompatibel). Zusätzlich können Vaginalmoisturizer, also Feuchtigkeitscremes für die Scheide, die regelmäßig angewendet werden, die Grundfeuchtigkeit der Schleimhaut verbessern. Studien zeigen, dass Lubrikantien und Moisturizer Schmerzen beim Sex deutlich reduzieren können und bei milderen Beschwerden eine wichtige Rolle spielen.

 

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Beckenboden und Physiotherapie

Bei Schmerzen, Spannungsgefühl oder Inkontinenz kann gezieltes Beckenbodentraining oder eine physiotherapeutische Behandlung unterstützen. Gerade eine zu angespannte Beckenbodenmuskulatur kann Sex schmerzhaft machen. Dann geht es zunächst um Entspannung, Wahrnehmung und Koordination, nicht nur um Kräftigung.

Psychologische & paartherapeutische Unterstützung

Leitlinien zu Menopause und Sexualität betonen, dass es fast nie nur ein „Hormonproblem“ ist. Sehr hilfreich können psychologische und therapeutische Angebote sein. In der Sexualtherapie geht es darum, die eigene sexuelle Landkarte zu verstehen, mit Lustunterschieden umzugehen und Techniken zu erlernen, die Schmerzen reduzieren und den Fokus auf angenehme Empfindungen lenken. Paartherapie unterstützt dabei, über Wünsche, Grenzen und Ängste zu sprechen und neue Formen von Intimität jenseits von Penetration zu entwickeln.

Psychotherapie, zum Beispiel kognitive Verhaltenstherapie, kann sinnvoll sein, wenn Depressionen, Angststörungen, Traumaerfahrungen oder ein stark negatives Körperbild vorhanden sind. Oft reicht ein begrenzter Therapiezeitraum, um Sexualität zu entstressen und neue positive Erfahrungen zu ermöglichen.

Selbstfürsorge & eine neue Definition von Sexualität

Sexualität in den Wechseljahren darf anders aussehen als früher. Häufig hilft es, bewusst umzudenken: Weg vom „Funktionieren“ hin zum Spüren. Mehr Zeit für Vorspiel, Kuscheln, Massagen und Küsse, weniger Fokus darauf, ob es „zum Verkehr“ kommt. Neugier statt Bewertung: Was fühlt sich jetzt gut an, welche Berührungen, Fantasien oder Settings? Selbstbefriedigung kann ein wichtiges Werkzeug sein, um den eigenen Körper besser zu verstehen und dieses Wissen später mit einer Partnerin oder einem Partner zu teilen.

Hilfsmittel wie Gleitgele, Feuchtigkeitscremes und gegebenenfalls Toys sollten als ganz normale Tools moderner Sexualität verstanden werden, nicht als Notlösung. Sie können helfen, Schmerzen zu vermeiden, Erregung zu unterstützen und neue Formen von Lust zu entdecken.

Was du selbst konkret tun kannst: kompakte Checkliste

Beschwerden ernst nehmen: Schmerzen, Trockenheit und Lustverlust sind behandelbar, du musst dich damit nicht abfinden.

Ärztliche Abklärung einplanen, besonders bei Schmerzen, Blutungen, starken Veränderungen oder depressiver Stimmung.

Gleitgel und Moisturizer testen, insbesondere bei Trockenheit

Schlaf und Stress im Blick behalten, denn ohne Erholung ist Lust kaum möglich.

Mit Partner/in sprechen, möglichst früh und in ruhigen Momenten, statt zu warten, bis der Frust groß ist.

Unterstützung holen: Sexualberatung, Paartherapie oder Psychotherapie sind eine Investition in dein Wohlbefinden, nicht ein Zeichen des Scheiterns.

Wann du spätestens zur Ärztin/Arzt solltest

Medizinische Hilfe ist wichtig, wenn starke oder anhaltende Schmerzen im Genitalbereich auftreten, beim Sex oder auch unabhängig davon, wenn es zu ungeklärten Blutungen nach längerer Blutungsfreiheit kommt, wenn häufige Harnwegsinfektionen auftreten oder wenn die Stimmung über Wochen deutlich gedrückt ist, kaum noch Freude empfunden wird oder ausgeprägter Lustverlust mit starker Erschöpfung zusammenfällt.

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